emw

Geschichte des BMW 340 bzw. EMW 340

 

Vor dem EMW 340

Am3.Juli 1945 wurde Eisenach Teil der sowjetischen Besatzungszone. Da die Demontage drohte, führte Albert Seidler (Leiter der Motorradproduktion) Marschall Georgi Shukow eine BMW 321-Limousine vor und tatsächlich verlangte Shukow den Bau von fünf Neuwagen.
Auch BMW-Motorräder waren bei den Sowjets hoch angesehen (schon die "M72" entstand nach Plänen der "R71") und so wurde befohlen, aus den eingelagerten Teilen Motorräder zu fertigen. Es konnten 220 Stück "R35" zusammengebaut werden, die von den Sowjets erprobt und für gut befunden wurden.
Mit dem Befehl Nummer 93 zur "Sicherstellung der Herausbringung der neuen Personenkraftwagen und Motorräder in der Fahrzeug- und Maschinenfabrik Thüringen" wurde im November 1945 die Produktion zur Reparationsleistung an die Sowjetunion wieder aufgenommen. Gefordert waren jeweils 3000 PKW Typ "321" und Motorräder Typ "R35".
Durch Verfügung des Landespräsidenten Thüringens waren im September 1945 alle Betriebsanlagen enteignet worden. Entsprechende Widersprüche aus wurden wie folgt beantwortet: "[die Widersprüche] sind nur zu bewerten als Raubansprüche der auch heute wieder in Westdeutschland in führender Position des deutschen stehenden Monopolherren und Kriegstreiber der BMW-München."
Am 15. September wurde das Werk in die Sowjetische Aktiengesellschaft Awtovelo eingegliedert. Die Planwirtschaft hatte begonnen.
Der Plan für 1945 legte die Herstellung von 70 Motorrädern fest, tatsächlich gefertigt wurden aber nur 16 Stück. Für die Jahre 1946-48 liegen keine zuverlässigen Stückzahlen vor. Die Produktion steigerte sich im Folgenden von 4250 Stück im Jahre 1949 auf 13700 Stück im Jahre 1955. Zuerst wurden nur Behörden und die GST mit diesen – immer noch mit dem BMW Emblem versehen – versorgt, ab 1949 waren sie auch für Privatkunden zu erwerben.

Der EMW 340

Schon im Jahre 1948 wurde im ehem. BMW Werk Eisenach der neue BMW 340 entwickelt. Damit war er die erste deutsche Nachkriegs-PKW-Neuentwicklung.
Eigentlich basierte er allerdings auf dem BMW 326 bzw. der 2-türigen Version 321. Beim 340er wurde hauptsächlich der Vorderwagen und das Heck geändert. An der Front wurden die Scheinwerfer in die Kotflügel integriert und der Nierengrill musste einem Grill aus mehreren horizontal verlaufenden Metallstreben weichen. Die Motorhaube klappte jetzt nicht mehr entlang der Fahrzeuglängsachse zur Mitte hin auf, sondern in einem Stück nach vorne. Der Heckbereich wurde dahingehend geändert, dass der Kofferraum, der bei den alten BMW-Modellen nur durch umklappen der Rücksitzbank von innen zu erreichen war, nun durch einen Kofferraumdeckel von außen zugänglich wurde. Dafür musste allerdings das Ersatzrad, das bisher auf dem Heck montiert war, nun unter einem Holz-Zwischenboden im Kofferraum verstaut werden. In diesem Fach sind auch einige "Pannenhilfsmittel" wie z. B. der Wagenheber und die Luftpumpe untergebracht.
Weiteres Werkzeug wurde in einem herausnehmbaren Werkzeugkasten mitgeliefert, der sich im Motorraum befand. Darunter war auch ein Schlauch und ein spezieller Schlüssel für die Bremsentlüftung, denn es war zu dieser Zeit noch nicht selbstverständlich, dass man mit dem Fahrzeug zur nächstgelegenen Werkstatt fuhr, sondern wie in der Betriebsanleitung beschrieben, kam der Vertreter (bzw. Mechaniker) zu einem.
Nachdem das Fahrzeug innerhalb kürzester Zeit entwickelt worden war, wurden mehrere Fahrzeuge zu einer 10.000 km-Erprobungsfahrt auf die Reise geschickt. Diese wurde werbewirksam in Szene gesetzt. Nach erfolgreichem Abschluss dieser Fahrt startete die Serienproduktion. Allerdings wurde hierbei ein großes Problem deutlich: Viele der alten Vorkriegs-Zulieferer befanden sich nun in Westdeutschland. Daher mussten viele Teile nun selbst gefertigt bzw. andere Lieferanten gefunden werden. Eines der Hauptprobleme war allerdings, dass im ganzen Warschauer-Pakt-Gebiet kein Tiefziehblech in erforderlicher Güte hergestellt wurde. Aus diesem Grunde war man hierbei auf Lieferungen aus dem Westen angewiesen. Da diese nicht immer regelmäßig kamen, stand auch manchmal die Produktion still. Auch wurden verschiedenste Anstrengungen unternommen, um auch mit dem Ost-Material die nötigen Blechteile herstellen zu können.
Es wurde versucht, auch westeuropäische Märkte zu beliefern. Allerdings gab es immer wieder Qualitätsprobleme, weshalb sich die Kunden aus Unwissenheit meist zwecks Nachbesserung an BMW-München wandten. Unter anderem deshalb waren BMW in München die BMW-Autos und -Motorräder aus ostdeutscher Produktion ein Dorn im Auge (ihre Produktion lief zudem erst schleppend an), so dass es zum Rechtstreit kam.
Mit Urteil des Landgerichtes Düsseldorf vom 17. November 1950 drohten Beschlagnahmungen den Devisenverkehr zu gefährden, falls in Eisenach weiter unter dem Namen BMW produziert würde. Laut verschiedener Quellen wurden ab dem 1. Juli 1952 keine BMW- sondern nur noch EMW-Embleme an den Fahrzeugen montiert. Zumindest bei den West-Export-Fahrzeugen. Bei den Fahrzeugen die in die "Sozialistischen Bruderländer" geliefert wurden, sollen noch einige Zeit BMW-Embleme montiert worden sein, wahrscheinlich um noch vorhandene Teile aufzubrauchen.
Aus BMW wurde daher EMW: Eisenacher Motoren Werk (nicht Werke, wie man oft hört, denn es gab nur ein Werk); aus dem weißblauen Propeller wurde ein weißrotes Firmenemblem. 1951 wurde das Werk dann als volkseigener Betrieb dem IFA-Verbund angegliedert. 1953 erhielt das Werk den neuen Namen VEB Automobilwerk Eisenach.
EMW als Markenzeichen endete mit der Fertigungseinstellung der PKW-Typen "340/2", "327/2" und "327/3" sowie des Kraftrades "R35/3" im Jahre 1955.
In Eisenach ging kein Viertakter mehr vom Band, der Zweitakter galt als sparsam, leicht und leistungsfähig. Die Motorradproduktion wurde gänzlich geopfert, denn bereits seit 1950 wurde im thüringischen Suhl die AWO 425 produziert. So ergab sich die Möglichkeit, sich auch von der ungeliebten BMW-Vergangenheit zu lösen, aber noch heute hört man alte Eisenacher von "ihrer BMW" reden.

Motor

Bei dem Motor handelt sich um einen Reihen-6-Zylinder mit 1971 ccm Hubraum. Bestückt ist dieser mit zwei BVF (Berliner Vergaser Fabrik) IFA (TYP F323-1) oder SOLEX-Vergasern (TYP 32PB I mit Beschleunigungspumpe). Es handelt sich hierbei um Fallstrom-Vergaser. Mit diesen bringt es der Motor auf 55 bzw. später auf 57 PS.
Interessant an diesem Motor ist auch der Ölfilter. Die aus heutiger Sicht ungewöhnliche Konstruktion des Spaltfilters wird über das Kupplungspedal angetrieben. Im Filter befinden sich Bleche, an denen der Schmutz hängen bleibt. In der Mitte des Filters sind an einer Achse Messer befestigt, die in den Spalten zwischen den Blechen entlanglaufen und den Schmutz abschaben, welcher dann nach unten sinkt. Bei jeder Betätigung des Kupplungspedales wird über ein Gestänge und einen Ratschenmechanismus die Achse und damit die Messer etwas weiter bewegt. In regelmäßigen Abständen wird an der Unterseite des Filters eine Ablassschraube herausgedreht und der Schmutz abgelassen. Für die Kraftstoffförderung wurde eine mechanische Membranpumpe eingesetzt.

Getriebe

Beim 340er kommt weitestgehend das selbe Getriebe zum Einsatz wie auch schon beim BMW 326. Dieses hat vier Gänge, von denen der erste und zweite mit einem Freilauf ausgestattet sind. Im Gegensatz zum 326er Getriebe ist es nicht mehr über einen Schaltknüppel sondern über eine Lenkstockschaltung zu bedienen. Dazu wurden ein Gestänge und ein Seilzug bzw. Draht zwischengeschaltet. Allerdings riss der Draht öfters mal, weshalb manche Fahrzeuge wieder auf Knüppelschaltung umgerüstet wurden. Die Kraftübertragung erfolgt über eine Kardanwelle auf die Hinterachse und somit auf die Hinterräder.

Kühlung und Heizung

Die Motorkühlung wird durch eine Wasserumlaufkühlung erledigt, wie es auch bei den meisten heutigen PKWs der Fall ist. Allerdings auch hier mit einigen Unterschieden. Um eine schnelle Erwärmung des Kühlwassers zu gewährleisten und eine spätere Überhitzung des Motors zu verhindern, muss der Fahrer selbst Hand anlegen. Dazu befindet sich vor dem Kühler eine Jalousie, die über ein Gestänge vom Armaturenbrett aus geöffnet oder geschlossen wird. Dadurch kann mehr oder weniger Kühlluft durch den Kühler strömen, wodurch die Betriebstemperatur des Motors erhöht oder verringert wird. Der Fahrer ist gehalten, diese mittels eines Fernthermometers im Armaturenbrett, möglichst bei 80 Grad Celsius zu halten.
Da es damals noch keinen Frostschutz gab, musste das Kühlwasser in den Wintermonaten bei Frost abgelassen werden. Wollte man dann mit dem Wagen fahren, musste erst warmes Wasser in den Motor eingefüllt werden und dieser mit der zum Wagen gehörenden Andrehkurbel durchgedreht werden. Diesen Vorgang musste man so oft wiederholen, bis der Motor einigermaßen aufgewärmt war. Auch nach längeren Standpausen des Fahrzeuges, d. h. wenn es mehrere Tage nicht benutzt wurde, sollte man den Motor erst ein paar mal mit der Kurbel durchdrehen, damit sich das Motoröl wieder im Motor verteilen konnte.
Eine Heizung hatte der BMW 340 noch nicht. Erst mit der Überarbeitung des Fahrzeuges und der Änderung der Typenbezeichnung in 340-2 wurde auch eine Heizung eingebaut. Auch hier war der Bedienkomfort noch nicht so weit, wie man es heute kennt: Um die Heizung einzuschalten, musste ersteinmal ein Absperrhahn im Motorraum aufgedreht werden. Reguliert wurde dann über das zuschaltbare elektrische Lüftergebläse und eine Regelklappe im Beifahrer-Fussraum.

 

Achsen, Federung und Lenkung

Vorne besteht die Achse aus einem Querträger, in den die Feder (Blattfeder) eingebaut ist. An ihr sind die beiden Räder über ein Drehgelenk montiert, sie übernimmt also auch die untere Radführung. Die obere Radführung übernimmt ein Lenkerarm, der auch als Stoßdämpferarm genutzt wird. Die Stoßdämpfer sind oben auf den Achskörper montiert. Es handelt sich hierbei um Hebeldämpfer. Bei diesen wird die Stoßbewegung vom Stoßdämpferarm auf eine Welle im Stoßdämpfer übertragen, an welcher ein Finger montiert ist. Dieser bewegt sich in einer mit Öl gefüllten Kammer im Dämpfer. Bei Bewegung drückt er das Öl auf der Seite, in die er sich bewegt, durch Kanäle weg. Das Öl fließt durch die Kanäle auf die andere Kammerseite, wobei die Flussmenge durch einstellbare Ventile begrenzt wird. Durch den entstehenden Druck wird eine Stoßdämpfung erreicht.
Hinten ist eine Starrachse verbaut, die aus zwei gepressten und miteinander verschweißten Hälften besteht. In ihr sind auch das Differential und die Radantriebe untergebracht. In der Mitte wird sie noch durch einen Führungsarm geführt. Die Federung erfolgt über zwei in Fahrzeuglängsrichtung untergebrachte Torsionsstäbe. Diese sind jeweils durch einen am Fahrzeugboden verschraubten Stoßdämpfer geführt. Auch hierbei handelt es sich um Hebeldämpfer. Dessen Stoßdämpferarm dient gleichzeitig auch als Lenkerarm für die Hinterachse und übernimmt somit auch die Radführung. Zum Bewegungsausgleich ist ein Kugelgelenk zwischengeschaltet.

Aufbau

Die Karosserie ist eine selbsttragende Ganzstahlkarosserie mit einigen Holzteilen, die hauptsächlich für die Befestigung der Innenverkleidungen gedacht sind.
Lediglich der Dachausschnittt wird durch ein verkleidetes Holzstrebengerüst geschlossen, welches so aufgebaut ist (von oben nach unten):

Die Front- und Heckscheibe sind jeweils geteilt, d. h. sie sind jeweils zweiteilig. Bei der Frontscheibe sollten ursprünglich Ausstellmechanismen verbaut werden, was allerdings nach offiziellen Unterlagen nicht in die Serienproduktion übernommen wurde. (Kommentar des Autors: Allerdings habe ich schon ein Fahrzeug und Bilder von zwei weiteren gesehen, welche diesen Mechanismus hatten. Ob dieser allerdings aus einem BMW 321 oder 326 in den EMW umgebaut, oder noch ab Werk montiert wurde, war nicht zu erfahren.) Nach den beiden hinteren Türen sind noch kleine Fenster montiert, die einen Ausstellmechanismus haben.


Innenausstattung

Bei den frühen Modellen sind vorne zwei Einzelsitze und hinten eine durchgehende Sitzbank mit einer herausklappbaren Armlehne verbaut. Bei den späteren Modellen ist vorne auch eine durchgehende Sitzbank verbaut worden und die Armlehne der hinteren Sitzbank ist gestrichen worden. Dies ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass der Wagen hauptsächlich für Polizei und Behörden sowie als Taxi zum Einsatz kam.
Bei Export-Modellen wurde häufig ein Faltdach anstatt des mit Kunstleder geschlossenen Dachausschnittes verbaut. Ein Radio wurde nur als Sonderwunsch geliefert.
Im Handschuhfachdeckel war eine mechanische Mehrtages-Uhr (d.h. sie lief mit einmaligem Aufziehen mehrere Tage) montiert.